Geheimclub: Closed.

Hätten wir statt eines Clubs nicht lieber eine Bank eröffnen können? Die Geheimbank? Dort könnte man den ganzen Tag mit Ressourcen – und damit dem Leben anderer – mehr oder weniger erfolgreich spekulieren, große Tower bauen, sich trotz tiefroter Zahlen Millionenboni auszahlen, und wenn die Kacke richtig am Dampfen ist, kommt Gevatter Staat, und zahlt die Zeche. – Selbst dann, wenn man ihn erst kürzlich um einige Milliarden geprellt hat. Cum ex, Baby! Falls jener nicht spurt, droht man einfach damit tausende unschuldige Angestellte auf den Arbeitsmarkt regnen zu lassen, sodass es dann eben auf einem anderen Weg zu einem Problem der Allgemeinheit gemacht wird. Über ein paar Umwege werden die ganzen daraus resultierenden Missstände beispielsweise einfach den Migranten in die Schuhe geschoben, und der Pöbel ruft: „Ja, das habe ich doch schon immer gesagt!“.

Das ist Kapitalismus, und das ist unser Problem.

Jetzt sind wir zum Glück keine Bank, kein Automobilkonzern, kein Immobilieninvestor, sondern ein Club. Eine von nur wenigen wirklich ernst genommene Nische, ein Ort, der laut der Obrigkeit – wenn überhaupt – nur peripher irgendwie etwas mit Kultur zu tun hat. Keine Unterstützung, keine Hilfen, und – das ist von allem am schlimmsten – keinerlei Wertschätzung. Wir sind einfach ein Ort, an dem Bekloppte für andere Bekloppte viel zu laut fürchterliche Musik machen.

[Das Folgende gilt für fast jeden Club]:

Wir sind aber auch die, die Woche für Woche in völliger Eigenverantwortung für einen sehr wichtigen Teil der Gesellschaft den Betrieb von Orten aufrechterhalten, ohne diese eine Stadt nicht lebenswert wäre. Wir sind die, die sich selbst organisieren, um Menschen, denen zu tausend Unrecht getan wird, zu helfen, für sie auf die Straße zu gehen, und für jene Perspektiven zu organisieren. Nicht immer im Großen, auch im Stillen, ohne Publicity. Homosexuelle, Transgender, Migranten und viele, viele mehr, die aufgrund des Nichtstuns derjenigen, die etwas tun könnten und es oben drein auch deren gottverdammte Aufgabe wäre, in der Schusslinie irgendwelcher Idioten stehen.

Aber das reicht nicht. Nun sind es auch wir, die sich aus Angst um die wirtschaftliche Existenz seit Tagen mit der Verbreitung dieses Virus auseinandersetzen, die potentiellen Folgen kalkulieren und täglich darauf hoffen, dass das Telefon klingelt und jemand von „da oben“ mal eine „wenn, dann“ Situation mit uns bespricht. Nichts ist passiert. Wartet man etwa darauf, dass wir eigenverantwortlich die Notbremse ziehen, damit am Ende gesagt werden kann: „Hilfe? Wieso? War doch eure Idee!“

Herzlichen Glückwunsch, ihr habt es geschafft. Der Geheimclub ist sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung sehr wohl bewusst, schließt ab sofort seine Pforten auf unbestimmte Zeit.

An dieser Stelle ein Appell an den gesunden Menschenverstand: Orte und Veranstaltungen, an denen viele Menschen zusammenkommen, werden nicht einfach so geschlossen oder abgesagt. Es tut jedem weh, und höchstwahrscheinlich werden viele Clubs und Veranstalter diesen Schritt nicht überleben. Natürlich ist unsere Zielgruppe mitnichten die Risikogruppe des Covid-19 auslösenden SARS-CoV-2, aber auch unsere Besucher haben Kontakt zu dieser, oder treffen nach der Party jemanden, der zu dieser Risikogruppe Kontakt hat. Wir sind mitnichten naiv, daher geht es auch gar nicht darum das Virus zu stoppen, sondern allein darum dessen Verbreitung zu Entschleunigen. Nur so ist ein sprunghafter Anstieg hilfebedürftig Infizierter zu verhindern, der unser Gesundheitssystem überlasten würde. Verteilen sich problematische Neuinfizierungen langsamer, und damit über einen längeren Zeitraum, kann jedem bestmöglich geholfen werden. Und das ist unserer aller Mission!

Es ist an der Zeit, dass jeder die eigenen Interessen nach hinten stellt, egal wie viel Geld dadurch verloren geht. Nur das Leben an sich ist wertvoll. Jedes Leben, nicht nur das eigene! Organisiert keine Partys, zu denen sich Leute treffen, die sonst in einen Club gegangen wären. Die von so vielen Clubs und Veranstaltern gegebenen Opfer zum Wohle der Allgemeinheit wären umsonst. Haltet euch einfach ein paar Wochen zurück, gebt aufeinander acht, und wenn der ganze Spuk vorbei ist, sind wir Clubs wieder für euch da. Versprochen.